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Seit der Römerzeit
kontinuierlicher Weinbau an der Mosel
von Franz Josef Blümling
Wann und wo ist der erste Wein auf deutscher Erde gewachsen? War es an der Mosel, wo die natürlichen Voraussetzungen zum Weinanbau besondert gut sind? Hatten bereits vor der römischen Besatzung des linken Rheinufers, also schon vor 58 v. Chr., die Kelten an der Mosel Weinbau betrieben, was oft vermutet wird? Es bleibt in Frage gestellt, denn die Antike hat auch dem Moselwein keine Geburtsurkunde mit auf den Weg gegeben.

Sicher ist, dass der römische Moselweinbau im Umfeld der Kaiserstadt Trier beheimatet ist. Allerdings sind wir in der Herkunftsfrage unserer Weinkultur lediglich auf Indizien angewiesen. Dazu dienen in erster Linie Funde und Flurnamen, aus denen wir örtliche Zusammenhänge erkennen.


Personifikation der Rebe und traubenlesende Kinder
Römisches Relief aus Emerange im Museum zu Luxemburg

Wenn wir an die Römer als die Bahnbrecher der moselländischen Weinwirtschaft denken, dürfen wir auch die junge christliche Kirche und ihre Mitwirkung nicht vergessen. Von Lyon her kommend, hatte sie seit dem 2. Jahrhundert in Trier Wurzel geschlagen und sicherlich der Bereicherung der Bodenkultur im Moselland durch den Weinbau freudig ihren Segen gegeben. Sie kam ja aus einem Weinland und begrüßte es, den Messwein angenehmer und billiger in der Heimat zu bekommen als aus dem fernen Italien oder Südgallien.

Kein Dichter der Jetztzeit ist es, der mit solch treffenden Worten den Weinbau an der Mosel preist, wie es 371 der Dichter und Staatsmann Decimus Magnus Ausonius in seiner Prosa „Mosella“getan hat, wie es einige Ausschnitte daraus so trefflich erkennen lassen:

„Du Strom, dich umrahmen weintragende Höhn,
wo Bacchus lässt reifen schönduftenden Wein,
und grünende Ufer umrahmen dich,
du Strom, der ganz in Grün getaucht!“

„Hoch oben wächst auf den Jochen der himmelanstrebenden Berge
längst des Gestades das Grün des sorgenbezwingenden Weinstocks.
Arbeitsfreudiges Volk und emsig beschäftigte Winzer tummeln sich
bald auf den Höh’n, bald eilen ins Tal sie hinunter.“

Auf kirchlichen Einfluss dürfte es auch zurückzuführen sein, wenn in den Jugendtagen des Moselweinbaus das Rotgewächs überwog. Offenbar bevorzugte die Kirche den Rotwein, um bei der eucharistischen Feier des Messopfers der natürlichen Farbe des Blutes näher zu kommen.


Getreideltes Boot mit Weinfässern

Eine Hymne von VENANTIUS FORTUNATUS über die Eindrücke, die er im Jahre 588 auf einer Moselfahrt zu Schiff von Metz bis Koblenz empfangen hat, in der Begleitung des in Metz residierenden austrasischen Königs Childebert:

Zwischen den kahlen Felsen grünt, was der Winzer gepflanzt hat,
lieblich rötet die Traube sich mitten im grauen Geröll.
Wo auch das karge Gestein noch Süße eingibt den Beeren,
wo über ödem Geklüfte lacht aus dem Weinlaub die Frucht,
wo um die nackten Leyen sich schlingt das Geranke der Reben
und mit schattendem Grün die trockene Halde verschönt,
pflückt die farbigen Trauben in fröhlicher Lese der Winzer,
droben hängend holt er sie, hoch von steilen Gefels.
Glückliches Moselgefilde! Es spendete Augenfreude
reich mir und Labung dem Munde, was ich vom Schiff aus erschaut.

Mit der Besiedelung des Moseltales durch die Franken kam vormaliger römischer Besitz in das Eigentum des fränkischen Königshauses und wurden, zumeist als Weingüter, an Kirchen und Klöster verschenkt. Solche Gutshöfe waren dann als ein Allodium von Abgaben an den König befreit.

Der Moselwein galt neben dem Elsässer als der beste in Deutschland. Sein guter Ruf war weit bis nach Frankreich hinein gedrungen. Und jener Karl der Große, den das rheinische Volk wegen seiner Fürsorge für den Rebbau mit dem Glorienschein eines Weinheiligen geschmückt hat, gab gemäß der „Capitulare de villis“ die Weisung, dass für den Weinanbau gerodet werden soll, wo es nur möglich sei. Dies gab dem Rebbau und der Kellerwirtschaft an der Mosel kräftigen Antrieb.

Wieweit sich der Wirtschaftsauftrieb durch Karl den Großen quantitativ und qualitativ auf den Moselwein ausgewirkt hat, lässt sich bei den spärlichen Nachrichten dieser frühen Zeit nicht genau angeben.

Eine weitere verstärkte “Neubruchperiode“ im hohen Mittelalter (1100 – 1250) hat nun massiv die steilen Hanglagen mit ihren gesteigerten Möglichkeiten der Qualitätsgewinnung in Angriff genommen, wobei sich die Klöster als Schrittmacher besonders ausgezeichnet haben. Caesarius von Heisterbach, der große Chronist und theologische Schriftsteller aus jener Zeit, berichtet im Jahre 1222, dass seit 893 viele Wälder gerodet und viele Weinberge neu gegründet wurden. Caesarius war es auch, der in seinen „Wundergeschichten“ allerlei Besonderheiten aus dem Alltag der Weinbauern zu berichten weiß.

Kreuzfahrer sollen es gewesen sein, die aus dem Libanon die Rieslingrebe mitgebracht haben. Sie fand in den steilen Moselhängen die besten Voraussetzungen für den Anbau. Der Riesling hat den Charakter des Moselweines geprägt und gilt immer noch unter den deutschen Winzern als die „Königin der Weißweinreben“.

Die Landschaft prägt den Menschen ebenso wie der Mensch den Wein, der in diese Landschaft passt. Auf diese Weise harmoniert der eigenwillige, ja fast abenteuerlich trunken machende Mosellauf mit dem Eigensinn der Winzerinnen und Winzer, dessen vererbter Trotz hier die steilsten Weingärten Europas pflegt. Es ist dieses einzigartige Zusammenspiel von Boden, Klima, Weinrebe und nicht zuletzt einer intellektuellen und emotionalen Substanz, die den Moselweinen ihren unverwechselbaren Charakter verleihen, ja vielleicht die charakteristischsten Weine in Deutschland hervorbringen lässt. Die Schieferberge verschaffen vor allem dem Riesling hier in den besten Steil- und Terrassenlagen jene höchste Feinheit, Eleganz, sinnliche Präsenz und flüchtige Heiterkeit, die den Moselriesling so einzigartig erscheinen lassen. Es sind die feinfruchtigen, trockenen, lieblichen oder edelsüßen Weine aus der Königsrebe, die dem deutschen Wein hier Glanzlichter aufsetzen: Es sind die unglaublich zarten Kabinettweine, die fruchtig-finessenreichen Spätlesen mit ihrer bezaubernden Mineralität und feinem Säurespiel oder die noch nach Jahrzehnten jugendlich erscheinenden edelsüßen Rieslinge, die einen ins Schwärmen geraten lassen. Und wer diese Weine zu „lesen“ versteht, der spürt vielleicht auch etwas vom Atem einer mehr als 2000 Jahre alten Weinkultur, der sich die engagierten Moselwinzer verpflichtet fühlen.

 
 
erschienen in:
Rhein-Hunsrück-Kalender, Heimatjahrbuch des Rhein-Hunsrück-Kreises, 2004
 
 
Literaturnachweise:
  Christoffel, Karl - „Der Moselwein in Geschichte und Dichtung“, in: Schriften zur Weingeschichte, Herausgegeben von der Gesellschaft für Geschichte des Weines, Nr. 25, Wiesbaden, August 1971
Herles, Helmut - Von Geheimnissen und Wundern des Caesarius von Heisterbach
Loeschcke, Siegfried - Denkmäler vom Weinbau aus der Zeit der Römerherrschaft an Mosel, Saar und Ruwer
John, Walther, übersetzt - Binsfeld, Wolfgang, überarbeitet - "Ausonius Mosella"
Karl-Josef Krötz, Geschäftsführer im Bremer Ratskeller
Bildnachweise:
  Personifikation der Rebe - Loeschcke, Siegfried - Denkmäler vom Weinbau aus der Zeit der Römerherrschaft an Mosel, Saar und Ruwer
Getreideltes Boot - Loeschcke, Siegfried - Denkmäler vom Weinbau aus der Zeit der Römerherrschaft an Mosel, Saar und Ruwer
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