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Der mystische Hochkessel von Franz Josef Blümling

Mit einer Höhe von 421 m ist der Hochkessel einer der höchsten Berge des mittleren Moseltales. Trutzig hebt er sich ab inmitten der großen Flussschleife, die in Bullay beginnt und in Senheim endet, empor. Im Erdaltertum unseres Planeten war er nach der devonischen Faltung eine Insel im Urmeer (siehe auch unter Funde). Später floss die Urmosel an ihm vorbei. Meterhohes Geröll verrät nach Bullay hin ihr altes Flussbett.

Schon in der Steinzeit suchten Menschen Schutz auf seiner Höhe. Dazu verschanzten sie sich hinter Steinwällen und rollten den Angreifern Steinbrocken entgegen. Eine Axt aus hartem Schiefer (Ochsenauge genannt) aus der mittleren Steinzeit stammend, wurde auf dem Gipfel gefunden. Keulen, weitere Äxte, Schleifsteine, ein Mahltrog mit einem Mahlstein, auf den benachbarten Gemarkungen gesammelt, sind beweiskräftig wie Urkunden. Fremde Steine machen sogar Handel oder Kriegszüge wahrscheinlich.

Der Moselfluss wurde schon früh als Transportweg und auch zur Nahrungsbeschaffung geschätzt. Folglich sind auch Spuren aus jener frühen Zeit im Ort Neef selbst zu finden. In der Gemarkung Heid könnten einmal die Heiden, also die vorchristlichen „Ungläubigen“, sesshaft gewesen sein, zumal bei Ausgrabungsarbeiten in der Petersbergstrasse (vor dem Bahnbau zur Flur Heid gehörend) 1977 Scherben einer Urnenfelderkultur gefunden wurden. Es handelt sich hierbei um Keramik einer spätbronzezeitlichen Kulturstufe des 8. – 7. Jahrhunderts vor Christus.

Auch die Neefer Flur Heidenpütz dürfte auf einen vorchristlichen Ursprung hinweisen. Dort könnten die Heiden ihren Pütz (Brunnen) gehabt haben. Reste von Hügelgräbern aus jener Epoche, die zum Teil beraubt wurden, sind noch heute erkennbar. Man kann natürlich nicht ausschließen, dass die Bezeichnung „Heid“ bedeutet, dass dort einmal Heidegewächse, wie z.B. Erika, die Flur bedeckten.

Aus der Späthallstattzeit (6. Jh. v. Chr.) oder in der darauffolgenden Laténezeit (5. – 1. Jh. v. Chr.) stammt vermutlich auf dem Hochkessel ein kleinerer Ringwall. Dabei handelt es sich um eine rund 140 m lange und bis zu 40 m breite Bergkuppe, die noch heute mit Ausnahme der abgestürzten Nordostflanke ringsum von einem doppelten, etwa ovalen Steinwall umzogen ist.

Ein immer noch deutlich erkennbarer Ringwall unterhalb des Gipfels vom Hochkessel.

An seiner Südostseite beobachtet man noch Reste einer schwächeren Vorbefestigung. Zahlreiche Steine des Walles sind verschlackt, so dass diese Befestigungsanlage einem größeren Brand zum Opfer gefallen sein könnte. Neuere Erkenntnisse lassen jedoch die Vermutung eher zu, dass längere Zeiten hier Holzkohle bebrannt wurde. Befindet sich doch anschließend an den Hochkessel der „Kohlswald“ / „Kögelswald“. Diese Flurbezeichnung lässt erkennen, dass hier die Köhler ihrem Handwerk nachgingen. Vielleicht wurden auch direkt bei den Holzkohlenlagern Erze geschmolzen und / oder Eisen geschmiedet. Solche Vorgänge können, bei mehr als 1000 Grad Hitze, solche Steinverschlackungen verursachen. Auffallend ist, dass verschlackte Steine besonders an einzelnen Stellen konzentriert aufzufinden sind, was also die neueren Vermutungen eher zulassen.

Frührömische Gräber, die teilweise noch an spätlaténezeitliche Traditionen anknüpfen, fanden sich wenig nordwestlich vom Hochkessel (schon fast im Dorfbereich von Neef).

Auch die Kelten erkannten den Vorteil eines Flusses. Am Neefer Moselufer machten sie sich eine Sandbank zunutzen, die sie Grave (vor der Moselkanalisierung: Gräf) nannten. Ob nun an dieser Uferstelle flüchtende Kelten aus dem Umfeld den Fluss überquerten, um schutzsuchend auf den Hochkessel zu flüchten oder ob die Gallier von hier aus Wein per Floß zum Transport brachten - sie hatten schließlich die Holzfässer erfunden, um Wein zu transportieren - bleibt in Frage gestellt. Letztere Vermutung findet Unterstützung darin, dass man annehmen kann, dass die noch heute bestehende Flur Rosenberg als Qualitätsweinlage schon damals als solche Bedeutung hatte, da der Naturname rosen keltischer Herkunft sein kann und „steil herausragend“ bedeutet - was der Lage auch entspricht.

Als überirdische Macht verehrten die Kelten an speziellen Kultstätten Naturgötter. Apollo vertrieb Krankheiten. Der Mars lenkte die Kriege. Diana, als Göttin der Wälder und des Lichts, sorgte für Jagderfolge. Merkur hatte Einfluss auf Geld- und Handelsangelegenheiten. Jupiter herrschte über den Himmel. Ihre Kultstätten hatten die Gallier häufig an besonders hervorragenden Punkten. Die Opferrituale verrichteten die Druiden, die einen priesterhaften Stand hatten. Sie verwendeten bei Kulthandlungen mit Vorliebe die Mistel, wenn sie auf einer Eiche aufgewachsen war. Auf Feuerstätten wurden junge Tiere wie Rinder, Schafe, Hunde und Schweine, aber auch Menschen, wahrscheinlich gefangengenommene Gegner, geopfert. Eine Kultstätte dürfte auf dem südlichen Ausläufer des Hochkessels, auf dem Petersberg, gewesen sein, so vermutet es Pauly. Funde dort, wie Tränentöpfchen, in denen verflossene Tränen während der Opferzermonie eingesammelt wurden, scheinen es zu beweisen. Und noch heute verbindet ein uralter Gradweg den Petersberg mit dem Hochkessel.

Nachdem die Römer das hiesige Gebiet erobert hatten, wuchs Trier zu einer mächtigen Handelsmetropole heran. In dieser Ära wurden die so bedeutenden Römerstraßen gebaut. Am Hochkessel führte eine solche Römerstraße vorbei. Sie verband die beiden Höhenstraßen, die rechts von der Mosel von Bingen und links von Andernach aus auf Trier zuliefen. Gleichzeitig brachte sie die kürzeste Verbindung von Frankfurt zu den Niederlanden.

Der Hochkessel verlor in der folgenden Geschichte seine Schutzfunktion. Der Petersberg trat nunmehr in der Vordergrund. Dort bildete sich eine neue Ansiedlung um eine römische Festung herum und aus dem keltischen Naaf wurde das römische Naves.

Neef in der Frühgeschichte
 
erschienen in:
Heimat zwischen Hunsrück und Eifel, Beilage der Rheinzeitung, Nr. 9, September 2003
 
 
 
 
Scherben
 
 
Der keltische Vegetations-
und Weingott Sucellus (Fundort: Trier)
 
 
Tränentöpfchen
 
 
Reste des Ringwalles
 
 
Verkohlte Steine
Literaturnachweise:
  Beck, C. H. - Die Kelten
Blümling, Franz Josef - "Der mystische Hochkessel bei Neef", Beilage der Rheinzeitung „Heimat zwischen Hunsrück und Eifel“ Nr. 9, September 2003
Dittmaier, Heinrich - „Namensforschungen rheinischer Flurnamen“
Mathar, Ludwig - Die Mosel
Paczensky, G. von - „Kulturgeschichte des Essens und Trinkens“
Pauly, Ferdinand - Siedlung und Pfarrorganisation im alten Erzbistum Trier
Schommers, Reinhold - „St. Aldegund an der Mosel, Portrait eines Winzerdorfes“
Friederichs, Alfons - Gilles, Karl-Josef - Wolpert, Wolfgang - „Ediger-Eller an der Mosel“
Bildnachweise:
  Foto Hochkessel - Blümling, Franz Josef
Scherben - Bergen, Kurt - "Weinort Neef in Wort und Bild“, 1981
Foto Steinwall - Blümling, Franz Josef
Weingott Sucellus - Loeschcke, Siegfried - „Denkmäler vom Weinbau aus der Römerherrschaft an Mosel, Saar und Ruwer“
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