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Uralte Friedhofstradition auf dem Neefer Petersberg von Franz Josef Blümling
Der schmale, von der Mosel umflossene Berggrat des Petersberges ist zweifellos einer der landschaftlich schönsten Punkte und gleichzeitig auch eine der historischsten Landschaften des gesamten Moseltales.


Vordergrund der Moselschliefe liegt der Petersberg.
Im Hintergrund des Berggrates befindet sich der Hochkessel.

Vermutlich war der Petersberg schon für die vorchristlichen Kelten, die auf dem nahe liegenden Hochkessel, der höchsten Erhebung des Umfeldes, ihre Fliehburg hatten, ein wichtiger Standort. Funde lassen darauf schließen, dass sich in der exponierten Lage des Petersberges ein gallorömischer Tempel befand, wo kultartig Naturgötter verehrt wurden. Zu den Kultveranstaltungen gehörte auch die Verabschiedung der Toten aus seinen irdischen Leben. Aufgelesene Terrakotten, die im Volksmund „Tränentöpfchen“ genannt werden, stellen dies unter Beweis. Man vermutet, dass unsere heidnischen Vorfahren bei der Verabschiedung ihrer Verstorbenen in ihnen Schmerzenstränen aufsammelten und auf bewahrten. So sollte der Tode in Erinnerung bleiben.

Auch in der Nachfolgezeit ist der Petersberg ein geschichtlich hoch interessanter Platz geblieben. Auf dem steilen und schwer zugänglichen, lang gezogenen schmalen Grat des Berges befand sich eine römische Höhenbefestigung.

Um die Höhenbefestigung, insbesondere am gemäßigt steilen Abhang, hatten sich Militär und Zivilbevölkerung angesiedelt. Die Besiedlung setzte sich in der karolingischen und fränkischen Epoche fort. Deutliche Siedlungsspuren hinterlässt ein vorgefundenes Gräberfeld auf einer Einsattlung des Berggrates. Es lag etwa 250 m unterhalb des heutigen Friedhofes. Archäologen vom Amt für Vor- und Frühgeschichte in Koblenz haben Grabungen durchgeführt und ausgewertet. Man fand Grabstätten, in denen noch Beigaben gemäß vorchristlicher Sitte gefunden wurden und auch solche, die schon christliche Merkmale ausgewiesen haben – so z. b. Grabsteine mit Kreuz- und Friedenstaube-Motiven. Mehr als 300 Gräber können vermutet werden. Somit ist dieser frühmittelalterliche Friedhof einer der größten Anlagen dieser Art in der gesamten Mosellandschaft. Geschichtsforscher bezeichnen den Neefer Petersberg sogar als ein Zentrum des frühen Christentums an der Mosel. Anfang des 6. Jahrhunderts bis hin ins 9. oder gar 10. Jahrhundert wird man die Belegung des Friedhofes ansetzten dürfen.

Anno 1137 wurde das Nonnenkloster Stuben am Fuße des Petersberges gegründet. Etwa zur gleichen Zeit wurde die Peterskapelle gebaut und der bisherige Dorffriedhof vom Ort Neef auf den Petersberg verlegt. Die Legende berichtet, Gott habe auf wunderbare Weise seinen Willen kundgetan, dass die Kapelle auf dem Berg erbaut werden sollte. In drei aufeinanderfolgenden Nächten seien Engel herniedergestiegen und hätten das Baumaterial, das zur Errichtung einer neuen Kirche im Ort vorgesehen war, auf den Berg getragen. Der damalige Pfarrer, der selbst Nachtwache hielt, soll Zeuge dieses Geschehens gewesen sein.

War die Peterskapelle zuerst die Pfarrkirche für den Ort Neef und deren Besiedlungen auf dem Berg, so galt sie seit 1316 ausschließlich nur noch als Friedhofskirche, da unten im Ort die Mathiaskirche geweiht wurde.

Lange wurden die Verstorbenen auf ihrem letzten Weg über einen steilen und holprigen Weinbergpfad nach oben getragen. Dies geschah in einem frommen und feierlichen Ritual unter Beteiligung der Dorfgemeinschaft. Im Rahmen einer Flurbereinigung wurde der Südhang des Petersberges regelrecht auf den Kopf gestellt. Der uralte Totenweg mit den alten Kreuzwegstationen wurde von Baggern überwalzt. Seit 1959 werden die Verstorbenen mit dem Leichenwagen über eine asphaltierte Straße nach oben gefahren. Dem modernen Gefährt folgt eine Kolonne von Autos mit den Trauergästen. Ein schönes altes Ritual hat dem Fortschritt Platz gemacht. Der letzte Verstorbene, welcher der alten Tradition nach über den Totenweg zum Petersberg gebracht wurde, war der verstorbene Pfarrer Rauber. Ihm erfüllte man mit dieser Würdigung einen letzten Wunsch.
Während des letzten Krieges wurde die Kapelle sehr stark beschädigt. Die Glocke verstummte. Die Wiederherstellung der Kapelle hatte allererste Priorität. Längst, bevor die Kriegsschäden an den eigenen Häusern beseitigt wurden, gingen die Neefer an den Wiederaufbau ihres Gotteshauses auf dem Berg. Männer trugen die schweren Baumaterialien den steilen Weinbergpfad hinauf zur Baustelle. Mädchen und Frauen, ja sogar Greisinnen und Greise, transportierten Bretter und Wasser nach oben. Auch die Schulkinder beteiligten sich an den Aktivitäten. Als im Jahr 1949 die Peterskapelle wieder hergerichtet war und die Totenglocke aus dem Jahr 1687 gemäß ihrer Inschrift „Ich rufe die Lebendigen und begrabe die Toten“ wieder erklang, ging man daran, die Schäden am eigenen Haus zu reparieren. Nun war für die Neefer die Welt wieder in Ordnung.

Erwähnenswert ist noch der steinerne Altar in der Peterkapelle, der als Kulturdenkmal erfasst ist. Er ist ein gut aufgearbeitetes Werk der Spätrenaissance mit Knorpelwerkornamentik und stammt aus der Nachfolge der Hoffmann-Werkstatt in Trier – zu jener Zeit die berühmteste Werkstatt im Erzbistum Trier. Die Errichtung dürfte in den Jahren 1626 – 1635 erfolgt sein.

Die Betrachtung des Altares erinnert an die schweren Jahre, unter der unsere Heimat während des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) zu leiden hatte. Pest, Missernten, Hungersnot und Krieg kennzeichnen diese Zeit.

Der Patron der Kapelle, der hl. Petrus, erscheint auf dem Seitenflügel links – auf der rechten Seite der hl. Paulus. Über diesen Heiligen sind Sebastian und Rochus dargestellt. Sebastian ist als Märtyrer gestorben. Er wurde von Schützen mit Pfeilen durchbohrt. Seit dem frühen Mittelalter ist er Schutzpatron der Schützen. Rochus wird, weil er sich der Pflege von Pestkranken widmete, selbst an der Seuche erkrankte und genas, als Schutz-Patron gegen Pest und Seuchen verehrt. Man mag die beiden Schutzpatrone um Hilfe angefleht und ihnen auch gedankt haben, weil Gebete erhört wurden. In der Mitte zeigt der Altar ein Relief der Kreuzabnahme Christi und darüber seine Auferstehung. Diese Darstellung soll daran erinnern, dass es eine Erlösung im Jenseits gibt. Der Glaube daran gibt Trost und Zuversicht.

Nicht nur die Neefer Gläubigen und die Klosterfrauen von Stuben wallfahrteten regelmäßig zur Peterskapelle, auch die Bremmer Kirchengemeinde und jene von Eidger Eller veranstalteten jährlich Prozessionen und Bittgänge zum Petersberg.

An der Peterskapelle endeten Bittgänge zu den „Sieben Fußfällen“. Er ist einer der ältesten Formen des Kreuzweges und ist ein frommer Brauch, der heute noch in der Eifel gepflegt wird. Die am Wege nach Stuben wie auch nach Neef noch zum Teil erhaltenen Stationen reichen bis ins 17. Beziehungseise 19. Jahrhundert zurück. Seinen Namen erhielt der Bittgang von der Gewohnheit, sich an sieben einzelnen Stationen mit beiden Knien gleichzeitig zu Boden fallen zu lassen. Unterwegs wurde der Schmerzhafte Rosenkranz und vor der Station ein Vaterunser gebetet. Vor allem als Sterbebrauch war der Gang verbreitet. Meist beteten auf diese Weise sieben Mädchen vor einem Begräbnis für das ewige Seelenheil des im Sterbehaus aufgebarten Verstorbenen. Nach dem Bittgang gab es für die Beter als verdienten Lohn Kaffee und Kuchen im Trauerhaus. Dennoch waren die „Sieben Fußfälle“ nicht nur ein Totengebet: Besonders an den Freitagen in der Fastenzeit wurden sie gegangen.

Jedes Jahr führt am Karfreitag der alten Tradition entsprechend noch in heutiger Zeit eine Prozession zur Peterskapelle bei welcher der Kreuzweg gebetet wird.

Der Altar in der Peterskapelle wurde in allerjüngster Zeit fachmännisch restauriert. Gleichzeitig wurde der Innenraum der Friedhofskapelle aufwendig renoviert. Eine erfolgreiche Spendenaktion, bei der auch amtliche Denkmalschützer gute Mithilfe geleistet haben, aber auch die freiwillige Mithilfe Neefer Bürger und Vereine, haben dies ermöglicht. So wird man am 30. Juni 2013, ein Tag nach dem Patronatsfest Peter und Paul, auf dem Petersberg eine kirchliche Feier veranstalten anlässlich dieser die gelungene Ausbesserung der Friedhofskirche mit ihrem wertvollen Altar gewürdigt wird.


Der Neefer Friedhof mit seiner Kapelle im heutigen gepflegten Zustand

Ein bescheidenes Grab hier oben auf dem Berg kann für jeden Neefer die aufwendigste Gruft der Welt nicht ersetzen.

Der Neefer Friedhof ist der einzige Höhenfriedhof der gesamten Mosellandschaft.

 
 
erschienen in
 
 
 
 
 
Sogenannte Tränentöpfchen vom Petersberg
 
 
Aufnahmen von der Fundstätte Petersberg
 
 
Engel tragen Baumaterialen vom Dorf hoch auf den Petersberg
 
 
Die uralte Friedhofskapelle in früherer Zeit
 
 
Der Altar der Peterskapelle
 
 
 
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